Rundgang vom Botanischen Garten Frankfurt: ›Biodiversitätsdach‹ statt bloßer Sedum-Mix?
Im Juli 2021 waren Mitglieder von BeTrift bei einem Rundgang mit Mitarbeiter:innen des Botanischen Gartens dabei, der uns auf die Dächer des Casinos am IG-Farben-Campus geführt hat.
Ein weiteres Ziel des Projektes: Bewusstsein schaffen, Wissen verbreiten und Nachahmende finden. Entsprechend wurde bei dem Rundgang – im ganz Kleinen – gezeigt, wie ein Grün-Dach zu einem Biodiverstätsdach werden kann. Für den praktischen Teil wurden Materialien und Pflanzen bereitgestellt, die wir selbst auf dem Dach am IG-Farben-Campus verteilen konnten. Bei unserem Rundgang waren es ›nur‹ dicke Äste – auf einem Neubau der Universität an der Hansaallee wurden im Frühjahr 2021 hingegen dicke Baumstämme mit einem Kran verteilt, die künftig Refugium für zahlreiche Tiere und Instekten werden sollen.
Das Dach lebt: Es fliegt und krabbelt und kriecht und summt.
Der Rundgang hat uns sehr inspiriert und uns bestärkt in dem Vorhaben, unsere Dächer in Niederrad bunter und vielfältiger zu gestalten.
Unser Architekturbüro bb22, Vorstand und Architektur KG haben Vorschläge zur Fassadengestaltung – auf Papier sowie ganz haptisch – vorgestellt, die gut ankamen. An vielen Stellen werden wir noch selbst Hand anlegen können. Die Gestaltung lässt auch viel Spielraum hinsichtlich der Bepflanzung – horizontal und vertikal.
Warum sind begrünte Dächer in Städten wichtig und sollten eingerichtet und auch gefördert werden?
Stadt- und Landschaftsplaner können z.B. bei Bauprojekten unter „Ökologische Ausgleichsflächen, Lebensräume für Tiere. Anerkannte Minderungsmaßnahme bei der Eingriffs-Ausgleichsregelung“ begrünte Dächer einplanen (über den Nutzen und Vorteil begrünter Dächer zur Wasserrückhaltung, Wärmedämmleistung (Winter), als Hitzeschild (Sommer), Klimaverbesserung, Filterung von Schadstoffen etc. hier noch mehr ).
Entstehen aber auf begrünten Dächern tatsächlich attraktive Lebensräume für Tiere, speziell für Insekten und Vögel, und sollten daher als ökologisch wertvoll unterstützt werden? Zwei New Yorker Biologen (Dustin R. Partridge , J. Alan Clark, Fordham University) haben genau dies im Stadtgebiet von New York untersucht.
Die beiden Biologen analysierten begrünte und nicht-begrünte Dächer auf ihr Potential für brütende und wandernde Vögel sowie für Insekten als Nahrung für die Vögel.
aus: Dustin R. Partridge and J. Alan Clark (2018) Urban green roofs provide habitat for migrating and breeding birds and their arthropod prey. PLOS | one https://doi.org/10.1371/journal.pone.0202298
Sie fanden auf den begrünten New Yorker Dächer mehr und eine größere Vielfalt von Vogel- und Insektenarten als auf den konventionellen Flachdächern. Zugvögel nutzten begrünte Dächer z.B. als Zwischenstop während ihrer jahreszeitlichen Wanderung und zur Nahrungssuche vor allem während der Brutzeit. Dies betrifft vor allem Vogelarten, die auf Insekten als Eiweißspender angewiesen sind (wie. z.B. Meisen, Gartenrotschwanz, Baumläufer, Bachstelzen, Zipzalp). Die Menge und Artenvielfalt von Insekten und anderen Gliederfüßern ist auf begrünten Dächern im Frühjahr dreimal und im Sommer sogar 15 mal so hoch als auf nicht begrünten (vergessen wir nicht die Bestäuber bei den Insekten, also Bienen und Schmetterlinge). Etwa dreimal so viele Vogelarten zählten die Forscher auf einer bepflanzten Dachfläche gegenüber einer nicht-bepflanzten. Vor allem tauchen auf den begrünten Dachflächen auch solche Vogelarten auf, die Städte eher meiden, da sie auf zahlreiche Insekten als Nahrung angewiesen sind. New Yorker Tauben lassen sich im übrigen nur selten auf den begrünten Dächern blicken, da sie als Körnerfresser andere Nahrungsquellen in der Stadt suchen und finden.
Das Resultat dieser Untersuchung ist sicher nicht nur bedeutsam für die New Yorker Stadtplanung, sondern läßt sich sicher auch auf Frankfurt übertragen.
Insektenfressende Vögel können durch das reichhaltige Insektenangebot erfolgreich brüten und ihre Junge aufziehen. Zugvögel nutzen begrünte Dachflächen gerne als Oasen oder Inseln als Zwischenstop beim Überqueren großer Siedlungsgebiete. Begrünte Dächer können als Trittsteine dienen, die Parkanlagen, Kleingärten und Gärten miteinander vernetzen. Begrünte Dächer können zwischen daher den Verlust an Biotopen durch die fortschreitende Urbanisierung und Versiegelung von Flächen zumindest teilweise ausgleichen.