Zuschuss-Förderung beim Erwerb von Genossenschaftsanteilen? Pustekuchen.

Zuschuss-Förderung beim Erwerb von Genossenschaftsanteilen? Pustekuchen.

Wir als Genossenschaftsmitglieder einer jungen Genossenschaft haben immer wieder darauf geschielt: Wann wird endlich die KfW-Förderung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen dahingehend verbessert, dass staatliche Zuschüsse beim Anteilserwerb möglich werden? Interessierte an einer Genossenschaftsmitgliedschaft haben wir immer wieder Hoffnungen gemacht und mussten sie doch vertrösten. Darunter waren viele, denen eine finanzielle Unterstützung beim Anteilserwerb viel geholfen hätte. Jetzt ist klar: Die geplante Zuschuss-Variante wird in dieser Legislatur wohl nicht mehr aufgelegt.

Ursprünglich war für das erste Halbjahr 2020 (!) geplant, dass der erstmalige Erwerb von Geschäftsanteilen an einer Wohnungsgenossenschaft mit einem Tilgungszuschuss in Höhe von 15 Prozent für ein Darlehen auf Grundlage des KfW-Darlehensprogramms 134 zu unterstützen. Da die KfW wegen der Covid-19-Pandemie laut Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zu ausgelastet gewesen sei, sei eine Umsetzung immer wieder verschoben worden. Mit Blick auf das baldige Ende des Haushaltsjahres – die Mittel sind nur bis Ende 2021 eingestellt – lohne eine Einführung inzwischen nicht mehr.

Das ist ärgerlich. Und unfair. Denn bisher fördert der Staat etwa mit dem Baukindergeld großflächig den Erwerb von privaten Wohneigentum. Aber das Eigenheim ist nicht der Traum aller. Die Genossenschaftswohnung ist als Wohnform gerade in den Städten wie Frankfurt am Main viel gefragt. Kein Wunder: Sie bietet Sicherheit vor der Profitgier Dritter, bietet die notwenige Flexibilität passend zu den jeweiligen Lebensentwürfen und ermöglicht eine Investition in ein städtebaulich nachhaltiges Wohnungssegment. Wer eine Genossenschaftswohnung mietet hat lebenslanges Wohnrecht ohne die Nachteile des Eigentums. Mit den Zuschüssen hätte man zudem die Schwelle für einkommensschwache Haushalte – die sich selbst wenn sie wollten, nie eine Eigentumswohnung leisten könnten – gesenkt, die vielen Privilegien einer Genossenschaftswohnung in Anspruch zu nehmen zu können. Gründe genug also für die ursprünglich geplante Umstellung auf Zuschüsse.

Aufmerksam auf das Scheitern der Neufassung des KfW-Förderprogramms ›Wohn­eigentums­programm – Genossen­schafts­anteile (134)‹ hat uns die Frankfurter Bundestagsabgeordnete Ulli Nissen gemacht.

Als Genossenschaftsmitglieder hoffen wir nun, dass spätestens nach der kommenden Bundestagswahl die Gelder für das geänderte Förderprogramm (erneut) eingestellt werden und das Förderprogramm dann priorisiert umgesetzt wird.

Rundgang auf den Spuren der von Weinbergs in Niederrad – ›Rund um den Poloplatz‹

Rundgang auf den Spuren der von Weinbergs in Niederrad – ›Rund um den Poloplatz‹

Der Stadtteilhistoriker Robert Gilcher bietet unregelmäßig Rundgänge durch Niederrad an. So auch am Samstag. Thema diesmal: Das Wirken und Nachwirken der Familie von Weinberg in Niederrad.

Carl von Weinberg und sein Bruder Arthur von Weinberg waren zwei Größen in der Frankfurter Industriellen-Szene im ausgehenden Kaiserreich und der Weimarer Republik. Mit vielen Stiftungen haben die beiden und ihre Ehefrauen May von Weinberg (geboren Villers Forbes) bzw. Willemine von Weinberg (geboren Huygens) Frankfurt, aber insbesondere auch Niederrad geprägt. So waren die beiden Brüder an der Gründung der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main finanziell beteiligt. In Niederrad profitierte etwa die Paul-Gerhardt-Gemeinde von Zuwendungen (Arthur und Willemine) und in der heutigen Waldfriedstraße wurde ein Waisenhaus gegründet (Carl und May).

Wie der Rundgang eindrucksvoll herausstellte, weist das Gelände im heutigen Stadtwald und der südlichen Niederrad-Bebauung zwischen S-Bahn-Station Stadion, Heinrich-Seliger-Straße und Oberforsthaus zahlreiche Spuren vor allem von Carl von Weinberg auf. Diese Zeugnisse seines Lebens erschließen sich vielfach nur auf den zweiten Blick.

Das vieles davon verborgen ist, einiges zerstört, liegt vor allem daran, dass die von Weinbergs vom nationalsozialistischen Staat ab 1933 als Juden verfolgt und de-facto enteignet wurden. Arthur starb nach seiner Deportation ins Konzentrationslager Theresienstadt im Alter von 82 Jahren. Carl starb wenige Tage zuvor im Exil in Italien.

Der Stolperstein von Carl von Weinberg (und seiner Tochter und seinem Enkelsohn) vor dem von ihm gestifteten, ehemaligen Waisenhaus in der heutigen Waldfriedstraße.

Beispiele für die Weinberg’schen Spuren ›Rund um den Poloplatz‹: Das ehemalige Polofeld, dessen Errichtung Carl von Weinberg initiiert hatte, ist heute Teil einer Baumschule (Kartenlink). Die Trümmer der seinerzeit pompösen Villa, in einem großzügigen englischen Garten gelegen, bilden heute den Hügel im Ostteil des Carl-von-Weinberg-Parks (Kartenlink). In der heutigen Willemineallee (ehemals Kastanienallee) und mitten in dem in den 1980er-Jahren gebauten Quartier findet sich das ehemalige Verwaltungsgebäude des Gestüts Waldfried, das Carl gegründet hatte (Kartenlink).

Erschüttert hat der Hinweis des Stadtteilhistorikers Gilcher, dass die Niederräder Adolf-Miersch-Siedlung nach dem späteren Baustadtrat benannt wurde, der als städtischer Beamter unter dem nationalsozialistischen Bürgermeister Krebs die de-facto-Enteignung der von Weinbergs (und vieler anderer jüdischer Frankfurter) maßgeblich organisiert hatte. Zur sogenannten ›Miersch-Liste‹ hat der Historiker Dieter Wesp das Wesentliche zusammengetragen.

Es muss die Frage gestellt werden, wie es dazu kommen konnte, dass eine Siedlung – noch dazu in unmittelbarer Nähe zu den ehemaligen Besitztümern der mit Hilfe Mierschs enteigneten von Weinbergs – nach jemanden benannt wurde, der an der Verfolgung und Entrechtung der Frankfurter Juden im Nationalsozialismus maßgeblich beteiligt war. Und es stellt sich die Frage, warum diese Siedlung den Namen noch heute trägt.

Die FNP hat ebenfalls über den Rundgang berichtet. Die FR hat 2019 einen Artikel über Miersch als ›Frankfurter Bürokrat in drei Systemen‹ verfasst.